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Ausgerutscht: Reicht einmal jährlich Laub entfernen?

Auf einem Parkplatz hatte sich eine laubbedeckte Matschschicht gebildet, eine Frau rutschte darauf aus. Die für den Parkplatz verantwortliche Kommune war der Ansicht, dass es aufgrund des Aufwands und der Lage des Platzes reicht, ihn grundsätzlich nur einmal jährlich vom Laub zu säubern. Das Landgericht Lübeck sah zwar ein Mitverschulden der Frau. Es befand aber auch, die Gemeinde habe den Umfang ihrer Reinigungspflicht verkannt.

Ende Oktober 2019 stürzte eine Frau auf einem öffentlichen Parkplatz in der Stadt Bargteheide. Sie rutschte auf einer Laubschicht aus, unter der sich eine Matschschicht gebildet hatte. Die Frau fiel auf Knie, Gesicht und Arm. Sie erlitt Prellungen, Hämatome und eine nicht dislozierte Radiusfraktur, die am selben Tag notfallmäßig mit einem Gipsverband versorgt wurde. Diesen musste sie für sechs Wochen tragen, eine Unterarmschiene für weitere drei Wochen.

Nach deren Abnahme Ende Dezember 2019 habe sie noch starke Schmerzen in der rechten Hand verspürt. Trotz Krankengymnastik sei der rechte Handrücken noch länger geschwollen gewesen, die Beweglichkeit deutlich eingeschränkt. Deshalb habe sie im Alltag Hilfe benötigt.

Klägerin will 6.000 Euro, Beklagte sieht sich nicht in der Pflicht

Für ihren Sturz machte sie die Stadt als Straßenbaulastträger des Parkplatzes verantwortlich: Diese habe ihre Pflicht zur Verkehrssicherung verletzt. die Frau forderte 6.000 Euro Schmerzensgeld samt Zinsen und die Erstattung von Anwaltskosten.

Die Kommune führte grundsätzlich einmal jährlich zum Ende der Laubsaison hin eine Reinigung durch. Das hielt sie – wegen des Aufwands und weil der Parkplatz außerhalb des Stadtzentrums liege und nur schwach frequentiert sei – für ausreichend.

Außerdem sei die Stadt ihrer Ansicht nach aufgrund einer Übertragung von Reinigungspflichten auf den Eigentümer des angrenzenden Grundstücks ohnehin nicht selbst verkehrssicherungspflichtig.

Landgericht: Verkehrssicherungspflicht wurde nicht übertragen

Das Landgericht Lübeck erachtete die Klage in seinem Urteil (6 O 157/22) im Jahr 2024 als „teilweise begründet“. Es verurteilte die Straßenbaulastträgerin, 2.000 Euro plus Zinsen und teilweise Kostenersatz zu zahlen.

Vorweg hielt es fest, die Reinigungspflicht sei nur für einen bestimmten Bereich auf den Nachbarn übertragen worden. Der gegenständliche Unfall habe sich aber auf einer Parkfläche außerhalb dieses Bereichs ereignet.

Einmal jährlich Laub entfernen, ist zu wenig

Gemäß § 45 StrWG (Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein) müsse die Kommune öffentliche Straßen innerhalb der geschlossenen Ortschaft reinigen. Aus der Straßenreinigungssatzung der Kommune folge, dass dies auch die Beseitigung von Laub umfasst.

So wie Schnee und Glatteis sei auch Laubfall witterungsabhängig. Somit könne „der daraus erwachsenden Gefahr nicht mit der unflexiblen Einhaltung turnusmäßiger Reinigungspläne ausreichend begegnet werden“. Eine einmalige Laubentfernung pro Jahr werde dem Umstand, dass den ganzen Herbst über Laub fällt, nicht gerecht.

Die Dringlichkeit sei zwar nicht dieselbe wie bei Schnee und Eis, „jedoch muss insbesondere eine durch länger liegengebliebenes Laub entstandene mächtige Laubdecke mit darunterliegenden vermoderten und deshalb glitschigen Schichten nicht hingenommen werden“.

Die Straßenreinigungssatzung der Stadt Bargteheide fordere von Anliegern, denen die Reinigungspflicht übertragen ist, in der Regel einmal pro Monat und darüber hinaus je nach Bedarf eine Reinigung vorzunehmen. Warum für die Beklagte selbst „ein wesentlich niedrigerer Maßstab“ gelten sollte, sei nicht erkennbar.

Klägerin musste mit Gefahr rechnen, Beklagte verkannte Reinigungspflicht

Das Gericht befand allerdings auch, dass die Klägerin „nach der allgemeinen Lebenserfahrung damit rechnen [musste], dass sich unter der dicken Laubschicht in tieferen, vermoderten Lagen erhebliche Glätte verbarg, selbst wenn obenauf eine trockene Laubschicht lag“.

Sie sei sich der Situation bewusst gewesen, die Gefahr sei für sie deutlich erkennbar gewesen. Sie sei auch erst beim zweiten Begehen des Parkplatzes ausgerutscht – dies spreche dafür, dass es durchaus möglich gewesen sei, unfallfrei über den Parkplatz zu gehen. Inwieweit sie den Parkplatz entsprechend vorsichtig überquert hat, wurde laut Gericht nicht näher konkretisiert.

Nichtsdestoweniger sah das Gericht auch hier einen nicht unerheblichen Teil des Verschuldens bei der Kommune als Straßenbaulastträger. Diese habe mit der Einschätzung, eine einmalige Reinigung am Ende der Laubsaison reiche aus, den Umfang ihrer Reinigungspflichten verkannt. Den „erheblichen Aufwand“, den sie für die Durchführung der Laubbeseitigung reklamiert hatte, war für das Gericht „in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar“.

Wenn man glaubt, im Recht zu sein

Ist man überzeugt, dass der Straßenbaulastträger wie die Kommune, das Land, der Bund oder ein Grundstücksbesitzer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und es dadurch zu einem Schaden kam, kann man sein Recht notfalls vor Gericht einfordern.

Kostenschutz für die möglichen Anwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten übernimmt die passende Rechtsschutzversicherung, sofern eine Leistungszusage erteilt wurde – und zwar egal, ob der Versicherte den Prozess gewinnt oder verliert. Daher ist es sinnvoll, bereits vor oder bei der ersten Beratung durch einen Rechtsanwalt eine entsprechende Leistungszusage des Rechtsschutzversicherers einzuholen.

Als betroffener Autofahrer benötigt man eine bestehende Verkehrsrechtsschutzpolice, verunfallte Fußgänger oder Radfahrer eine private Rechtsschutzversicherung.