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Bundesregierung beschließt Rentenpaket II

Das Bundeskabinett will mit dem vor Kurzem beschlossenen Rentenpaket II das Rentenniveau der gesetzlichen Altersrente von 48 Prozent auf lange Zeit festschreiben. Zugleich soll das „Generationenkapital“ starten. Was dies im Einzelnen bedeutet und warum einige Experten der Ansicht sind, dass durch die Änderungen die Generationengerechtigkeit der gesetzlichen Rente nicht mehr gegeben sei.

Das Bundeskabinett hat das „Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz“, kurz Rentenpaket II, beschlossen. Darin werden die Haltelinie für das Sicherungsniveau vor Steuern (Nettorentenniveau) von 48 Prozent bis zum 30. Juni 2040 sowie der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung für die gesetzliche Rentenversicherung durch den Aufbau des „Generationenkapitals“ festgeschrieben.

Mindestwert bei Rentenniveau bis 2040 festgeschrieben

Ohne die Fixierung des Rentenniveaus auf mindestens 48 Prozent bis Ende Juni 2040 würde das Rentenniveau in den Jahren nach 2025 von der Lohnentwicklung abgekoppelt und langfristig auf unter 45 Prozent sinken, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) betont.

Bisher gilt noch die seit 2019 in § 154 Absatz 3 SGB VI (Viertes Sozialgesetzbuch) festgeschriebene doppelte Haltelinie. Darin ist festgelegt, dass bis 2025 der Rentenbeitragssatz höchstens 20,0 Prozent beträgt und das Sicherungsniveau vor Steuern nicht unter 48,0 Prozent sinkt.

Keine Beitragsmittel für das Generationenkapital

Für den Aufbau des Generationenkapitals würden laut BMAS keine Mittel der Beitragszahler eingesetzt. „Das Generationenkapital ist auf Dauer angelegt, nur die Erträge aus der Kapitalanlage nach Abzug der Zinsen auf die gewährten Darlehen – und nicht die Substanz des Kapitalstocks – sollen als Finanzierungsbeitrag für die Rentenversicherung verwendet werden“, heißt es.

Ab 2036 sind Ausschüttungen in Höhe von durchschnittlich zehn Milliarden Euro jährlich geplant. Das Generationenkapital soll von einer neu zu gründenden, unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Stiftung professionell verwaltet und global angelegt werden. Zunächst sollen, so die BMAS, die operativen Strukturen des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) genutzt werden.

Beitragssatz steigt voraussichtlich ab 2028

Im Gesetzesentwurf ist ferner vorgesehen, die Untergrenze der Nachhaltigkeitsrücklage der gesetzlichen Rentenversicherung von 0,2 auf 0,3 Monatsausgaben anzuheben. Die Nachhaltigkeitsrücklage besteht aus den Betriebsmitteln und Rücklagen, die die Träger der allgemeinen Rentenversicherung laut gesetzlichen Vorgaben bereithalten müssen, um mögliche Liquiditätsschwankungen auszugleichen.

„Der Rentenbeitrag bleibt bis 2027 stabil bei 18,6 Prozent. Ab 2028 ist vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung von einem Anstieg auf 22,3 Prozent bis zum Jahr 2035 auszugehen, der dank des Generationenkapitals dann bis 2045 stabil bleibt. Von dem erwarteten Beitragssatzanstieg entfällt langfristig ein Beitragssatzpunkt auf die Maßnahmen des Rentenpakets II“, so das BMAS.

„Der Anteil der Bundesmittel an der gesetzlichen Rente gemessen an der Wirtschaftsleistung ist seit vielen Jahren stabil bei rund drei Prozent des BIP (seit 2009). Das wird auch in Zukunft mit der Haltelinie beim Sicherungsniveau so bleiben, da die Renten sich nicht erhöhen, wenn die Löhne der Beschäftigten nicht steigen“, äußert sich das Haus von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.

Weitere Informationen zum Rentenpaket II finden sich in den Webauftritten der BMAS und der Bundesregierung.

Änderungen bei der betrieblichen Altersvorsorge sind geplant

Das Rentenpaket II wurde bereits im Vorfeld von einigen Experten kritisch gesehen und wird nun auch nach Beschlussfassung mit Skepsis betrachtet. So sieht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in der Festschreibung des Rentenniveaus und der Fixierung auf 48 Prozent eine Belastung für die jüngere Generation.

„Sozialversicherungsabgaben und Steuern werden dadurch in den kommenden Jahren steigen. Um den Renteneintritt der ‚Babyboomer‘ abzufangen, kommt das Generationenkapital zu spät“, äußerte sich GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen unmittelbar nach der Kabinettsentscheidung. Zwar sei die stärkere Kapitaldeckung künftiger Rentenansprüche grundsätzlich sinnvoll. Ob das Generationenkapital dazu geeignet sei, müsse sich jedoch erst erweisen.

„In der betrieblichen oder privaten Altersvorsorge erwerben die Menschen individuelle Ansprüche. Beim Generationenkapital hingegen handelt es sich um einen überschaubaren schuldenfinanzierten Finanzzuschuss in den großen Topf der gesetzlichen Rentenversicherung“, sagt er. Umso dringender sei nach seiner Ansicht die schnelle, gezielte Stärkung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge.

Allerdings sollen entsprechende Änderung der gesetzlichen Grundlagen der betrieblichen Altersvorsorge noch in diesem Jahr kommen. Ein Gesetzesentwurf liegt jedoch noch nicht vor.

Weitere kritische Anmerkungen von Experten

Auch Professor Dr. Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaft und Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, sieht das Rentenpaket II kritisch, da damit die Generationengerechtigkeit nicht gewährleistet sei.

Die junge Generation könne nichts dafür, dass es so wenige Beitragszahler gebe, die so viele Menschen immer länger zu finanzieren haben. Raffelhüschen fordert in einem Fernsehinterview von Welt TV dazu: „Es müssen die Beiträge konstant gehalten werden und nicht das Rentenniveau.“

Ferner bezeichnete Professorin Dr. Dr. h.c. Monika Schnitzer, die Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (die sogenannten Wirtschaftsweisen), das Rentenpaket II als „nicht generationengerecht“.

Private Altersvorsorge bleibt unverzichtbar

Nach dem Rentenpaket II werden die künftigen Rentner nur mit weniger als der Hälfte ihres bisherigen Nettoeinkommens als gesetzliche Altersrente rechnen können. Dieses Rentenniveau von 48 Prozent wird vielen jedoch nicht reichen, um den bisherigen Lebensstandard damit halten zu können. Zumal nur diejenigen dieses Sicherungsniveau erhalten, die mindestens die Kriterien eines sogenannten Eck- oder Standardrentners erfüllen.

Beim Eckrentner handelt sich dabei um eine fiktive Person, die bis zum Rentenbeginn 45 Jahre lang Beiträge in die GRV von einem Gehalt, das der Höhe des Durchschnittseinkommens aller gesetzlich Rentenversicherten entspricht, eingezahlt hat. Wer diese Kriterien beim Rentenbeginn nicht erfüllt, muss sogar mit einem deutlich niedrigen Rentenniveau als ein Eckrentner rechnen.

Wer eine bedarfsgerechte finanzielle Absicherung für das Alter wünscht, sollte sich daher von einem Versicherungsexperten beraten lassen. Dieser kann unter anderem unter Einbeziehung der Inflation analysieren, mit welchem Alterseinkommen man insgesamt, also mit der gesetzlichen Rente und sonstigen Einkünften beispielsweise aus Kapitalanlagen und Vermietungen, rechnen kann.

Der Spezialist kann zudem unter Berücksichtigung der Inflation feststellen, ob das voraussichtlich verfügbare Einkommen ausreicht, um den bisherigen Lebensstandard im Alter beizubehalten oder in welcher Höhe dafür noch eine zusätzliche Altersvorsorge notwendig ist. Selbst wer glaubt, keinen finanziellen Spielraum für eine Vorsorge zu haben, sollte einen Experten zurate ziehen, denn manche Vorsorgemöglichkeiten erschließen sich erst nach einer gründlichen Analyse.