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Das Erbe: Nur selten kann der Pflichtteil verweigert werden
Unstimmigkeiten und Streitigkeiten innerhalb der Familie zum Beispiel zwischen Eltern und Kindern sind keine Seltenheit. Manchmal kann dies dazu führen, dass Eltern am liebsten dem oder den betreffenden Kindern ein möglichst geringes Erbe hinterlassen wollen. Wer jedoch glaubt, aufgrund eines solchen Konfliktes sogar den Pflichtteil, auf den ein Kind Anspruch hat, per Testament verwehren zu können, der irrt sich. Denn dies ist nur in wenigen vom Gesetzgeber festgelegten Gründen möglich.
Besteht kein gültiges Testament oder ein Erbvertrag, gilt die gesetzliche Erbfolge gemäß den §§ 1922 und folgenden BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Stirbt beispielsweise bei einem Ehepaar mit Kindern ein Ehepartner, erbt der überlebende Ehepartner eine Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte erben die Kinder des Verstorbenen, beziehungsweise, wenn die Kinder verstorben sind, deren Kinder (also die Enkelkinder des Verstorbenen) jeweils zu gleichen Teilen.
Zwar können mit einem Testament oder einem Erbvertrag auch andere Personen als der Ehepartner und/oder die Kinder als Erben bestimmt werden, allerdings haben sie dann immer noch Anspruch auf einen sogenannten Pflichtteil.
Der Pflichtteil
Nach § 2303 BGB steht nämlich dem Ehepartner, den Kindern oder, sollte ein Kind nicht mehr leben, deren Kinder und Enkelkinder ein sogenannter Pflichtteil, also eine gesetzliche Mindestbeteiligung am Nachlass, zu. Verstirbt ein Kinderloser, haben auch seine Eltern Anspruch auf einen Pflichtteil. Keinen Pflichtteilanspruch besteht für die übrigen Angehörigen eines Erblassers wie Geschwister, Tanten, Onkel, Nichten, Neffen, Cousinen, Cousins oder auch für die Schwiegereltern.Beim Pflichtteil handelt sich um einen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, der dem Angehörigen, der pflichtteilberechtigt ist, ohne Vorhandensein eines Testaments oder Erbvertrags zugestanden hätte. Wem ein Pflichtteil zusteht, hat somit kein Anrecht auf die Aushändigung einer bestimmten Sache aus dem Nachlass des Verstorbenen, sondern ausschließlich auf eine Geldsumme.
Um einen Pflichtteil zu erhalten, muss man als Pflichtteilsberechtigter den Anspruch innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Erbfalles ausdrücklich bei den testamentarischen Erben einfordern. Anderenfalls verjährt der Anspruch. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, an dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis darüber hat, dass der Angehörige verstorben und der Erbfall eingetreten ist.
Weigern sich die Erben, die im Testament aufgeführt sind, den Pflichtteil rechtsverbindlich schriftlich anzuerkennen, sollte der Pflichtteilberechtigte seinen Pflichtteil noch im Rahmen der Verjährungsfrist gerichtlich einklagen oder einen Mahnbescheid erstellen lassen.
Gründe, um ein Pflichtteil zu entziehen
Nur in wenigen Fällen ist es möglich, den Ehepartner, die eigenen Kinder oder bei Kinderlosen die Eltern komplett vom Erbe auszuschließen, das heißt, ihnen auch den Pflichtteil zu verwehren. Laut § 2333 BGB kann ein Erblasser den Pflichtteil nur in schriftlicher Form per Testament oder Erbvertrag aus folgenden vier Gründen entziehen: wenn der normalerweise pflichtteilsberechtigte Angehörige- „dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
- sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der vorher genannten Personen schuldig macht,
- die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
- wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird“.
Wann eine Erbunwürdigkeit besteht
Streng sind auch die Vorgaben, wann einem eigentlich per Testament oder nach der gesetzlichen Erbfolge Erbberechtigten beziehungsweise einem Pflichtteilsberechtigten das Erbe und/oder auch sein Pflichtteil verweigert werden kann. Dies ist gemäß § 2339 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nur möglich, wenn eine Erbunwürdigkeit besteht.Allerdings tritt eine Erbunwürdigkeit nicht automatisch ein, sondern muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis eines entsprechenden Grundes beispielsweise von den anderen Erben oder Angehörigen gerichtlich geltend gemacht werden. Erbunwürdig ist laut Gesetz,
- wer vorsätzlich und widerrechtlich den Erblasser getötet hat oder es versucht hat,
- wer den Erblasser bis zu seinem Tod vorsätzlich und widerrechtlich daran hinderte, ein Testament oder einen Erbvertrag zu erstellen oder zu ändern,
- wer den Erblasser mit einer arglistigen Täuschung oder Drohung daran gehindert hat, ein Testament zu erstellen oder es zu ändern, oder
- wer das Testament des Erblassers gefälscht, geändert, unkenntlich gemacht hat oder es hat verschwinden lassen, damit es niemand mehr findet.
Kostenlose Broschüre rund um das Erben und Vererben
Damit reicht also ein Streit zu Lebzeiten zwischen Erblasser und Angehörigen oder dass jahrelang kein Kontakt zwischen beiden bestand, laut Gesetz nicht für eine Entziehung des Pflichtteils oder für eine Erbunwürdigkeit aus. Umfassende Informationen zum Erbrecht bietet die kostenlos herunterladbare Broschüre „Erben und Vererben“ des Bundesministeriums der Justiz.Übrigens, wer festlegen möchte, dass eine Lebensversicherung an eine bestimmte Person im Todesfall ausgezahlt wird oder dass die (Pflichtteil-)Auszahlung eines Hinterbliebenen für die anderen Erben keine Probleme bereitet, sollte sich mit dem Versicherungsvermittler beraten. Beides ist nämlich je nach Lebensversicherungsart und Policengestaltung problemlos möglich.