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Eigenanteil für stationäre Pflege steigt weiter
Trotz der finanziellen Erleichterungen, die es seit 2022 für die Pflegebedürftigen für eine stationäre Pflege gibt, ist der Eigenbetrag, den die Betroffenen dafür aufbringen müssen, auf einen neuen Höchstwert gestiegen. Im ersten Jahr der Pflege waren es Ende 2023 im bundesweiten Schnitt über 2.760 Euro im Monat. Zudem gibt es hohe regionale Unterschiede von über 1.000 Euro im Monat.
Eine jüngst veröffentlichte Datenauswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) verdeutlicht, dass die Leistungen, die die gesetzliche (soziale) Pflegeversicherung (SPV) für eine stationäre Pflege erbringt, bei weitem nicht ausreichen, um die Kosten zu decken. Ende 2023 musste ein Pflegebedürftiger für die ersten zwölf Monate einer stationären Pflege im bundesweiten Durchschnitt monatlich 2.764 Euro aus der eigenen Tasche zahlen – ein neuer Höchstwert.
Aufgrund des von der Pflegedauer abhängigen Zuschlages, den es seit 2022 von der SPV gibt, betrug der monatliche Eigenbetrag im zweiten Jahr der Pflege 2.475 Euro, im dritten Jahr 2.187 Euro und ab dem vierten Jahr 1.826 Euro.
Bei der Datenauswertung der WIdO handelt es sich um Berechnungen auf Basis der Leistungs- und Preisvergleichslisten nach §7 Absatz 3 SGB XI (Elftes Sozialgesetzbuch) von insgesamt knapp 11.000 Pflegeheimen. Einrichtungen mit einem einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil (EEE) über 5.000 Euro wurden nicht berücksichtigt.
17,5 Prozent höherer Eigenanteil für die Pflegeaufwendungen
Den Eigenbetrag, den ein Pflegebedürftiger für eine stationäre Pflege selbst zahlen muss, setzt sich zum einen aus den Unterkunftskosten, also Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, sowie den Investitionskosten wie Wartungskosten des Pflegeheims zusammen. Zudem hat er einen Teil der pflegebedingten Aufwendungen, den sogenannten einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil (EEE) abzüglich eines Leistungszuschlags zu übernehmen, da die SPV-Leistungen dafür nicht ausreichen.Der EEE ist innerhalb eines Pflegeheims für alle Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 bis 5 gleich hoch. Allerdings können sich sowohl die Unterkunfts- und Investitionskosten, wie auch der EEE zwischen den verschiedenen Pflegeheimen deutlich unterscheiden.
Für Pflegebedürftige im Heim übernimmt die SPV eine Pauschalleistung von monatlich 125 Euro bei Pflegegrad 1, 770 Euro bei Pflegegrad 2, 1.262 Euro bei Pflegegrad 3, 1.775 Euro bei Pflegegrad 4 und 2.005 Euro bei Pflegegrad 5. In 2022 und 2023 wurde der EEE eines Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 in den ersten zwölf Monaten der Pflege um fünf Prozent, im zweiten Jahr um 25 Prozent, im dritten Jahr um 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 70 Prozent gekürzt.
Trotz des EEE-Zuschlages haben sich die EEE-Kosten, die der Pflegebedürftige zahlen muss, binnen eines Jahres bis Ende 2023 um 17,5 Prozent erhöht. Im gleichen Zeitraum sind die Unterhaltskosten um acht Prozent und die Investitionskosten um drei Prozent gestiegen. Insgesamt musste damit ein Pflegebedürftiger Ende 2023 im ersten Jahr der Pflege 11,5 Prozent, im zweiten Jahr 10,8 Prozent im dritten Jahr zehn Prozent und ab dem vierten Jahr 8,7 Prozent mehr zahlen als noch ein Jahr zuvor.
bisherige Dauer der stationären Pflege | Einrichtungs-einheitlicher Eigenanteil (EEE)*** | Unterkunft und Verpflegung | Investitionskosten | Gesamt |
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*bundesweit zum Stichtag 31. Dezember 2023, **ab Pflegegrad zwei, ***unter Berücksichtigung des Leistungszuschlags, Datenquelle: WIdO/AOK Bundesverband | ||||
Ohne Zuschlag | 1.443 | 909 | 484 | 2.836 |
1.-12. Monat | 1.371 | 909 | 484 | 2.764 |
13.-24. Monat | 1.082 | 909 | 484 | 2.475 |
25.-36. Monat | 794 | 909 | 484 | 2.187 |
ab 37. Monat | 433 | 909 | 484 | 1.826 |
Erhebliche regionale Unterschiede
Die WIdO-Datenauswertung verdeutlicht zudem, dass in keinem Bundesland eine gesetzliche Altersrente von unter 2.200 Euro netto pro Monat ausreicht, um die von einem Pflegebedürftigen zu tragenden durchschnittlichen Pflegekosten im ersten Jahr der Pflege zahlen zu können.In drei Bundesländern, nämlich im Saarland, in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen lagen die durchschnittlichen Kosten, die ein Pflegebedürftiger für die stationäre Pflege in den ersten zwölf Monaten selbst zu tragen hatte, trotz EEE-Zuschlag sogar bei monatlich über 3.000 Euro.
Gegenüber Sachsen-Anhalt, dem Bundesland mit den niedrigsten Kosten im ersten Jahr der Pflege in Höhe von monatlich knapp 2.230 Euro muss man im Saarland über 1.019 Euro mehr monatlich aufwenden.
Bundesland | Einrichtungs-einheitlicher Eigenanteil (EEE) ohne Zuschlag/mit Zuschlag** im ersten Jahr der Pflege | Kosten für Unterkunft/Verpflegung | Investitionskosten | Monatliche Gesamtkosten ohne EEE-Zuschlag/mit EEE-Zuschlag im ersten Jahr der Pflege |
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Stand 31. Dezember 2023, *Pflegegrad 2 bis 5, **mit Berücksichtigung des Vergütungszuschlags, je nach Pflegedauer – fünf Prozent zum EEE im ersten Jahr; Datenquelle: Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) | ||||
Bundesweiter Durchschnitt | 1.443/1.371 | 909 | 484 | 2.836/2.764 |
Baden-Württemberg | 1.797/1.707 | 982 | 471 | 3.249/3.160 |
Bayern | 1.582/1.503 | 827 | 389 | 2.779/2.719 |
Berlin | 1.659/1.576 | 728 | 396 | 2.783/2.700 |
Brandenburg | 1.453/1.380 | 801 | 347 | 2.601/2.528 |
Bremen | 1.278/1.214 | 955 | 487 | 2.720/2.656 |
Hamburg | 1.239/1.177 | 885 | 535 | 2.660/2.597 |
Hessen | 1.583/1.504 | 833 | 503 | 2.919/2.840 |
Mecklenburg-Vorpommern | 1.308/1.243 | 736 | 352 | 2.396/2.331 |
Niedersachsen | 1.204/1.144 | 757 | 572 | 2.533/2.473 |
Nordrhein-Westfalen | 1.329/1.263 | 1.156 | 583 | 3.068/3.002 |
Rheinland-Pfalz | 1.344/1.277 | 1.110 | 519 | 2.973/2.906 |
Saarland | 1.662/1.579 | 1.075 | 595 | 3.332/3.249 |
Sachsen | 1.474/1.400 | 744 | 405 | 2.623/2.549 |
Sachsen-Anhalt | 1.264/1.201 | 720 | 309 | 2.293/2.230 |
Schleswig-Holstein | 1.263/1.200 | 889 | 502 | 2.653/2.591 |
Thüringen | 1.277/1.213 | 816 | 402 | 2.495/2.431 |
Trotz Leistungserhöhung ab 2024 …
Um die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen zu mindern, wurde der EEE-Zuschlag zum 1. Januar 2024 nochmals erhöht. Seit 2024 wird der EEE im ersten Jahr der Pflege um 15 Prozent, im zweiten Jahr um 30 Prozent, im dritten Jahr um 50 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 Prozent gekürzt.Berechnungen auf Basis der WIdO-Daten von 2023 zeigen allerdings, dass trotz der Einführung und Erhöhung des Zuschlages der Eigenanteil eines Pflegebedürftigen in den ersten 24 Monaten einer Pflege in 2023 und 2024 höher ausfällt als in den Jahren bis 2022.
Auf Basis der monatlichen Eigenkosten, die ein Pflegebedürftiger Ende 2023 zu tragen hatte, würde er ab 2024 im ersten Jahr der Pflege 2.620 Euro, im zweiten Jahr 2.403, im dritten Jahr 2.115 Euro und ab dem vierten Jahr 1.754 Euro aus der eigenen Tasche zahlen müssen.
Zum Vergleich: 2022 waren es monatlich 2.479 Euro in den ersten zwölf Monaten, 2.233 Euro ab dem 13. bis 24. Monat, 1.987 Euro ab dem 25. bis 36 Monat und 1.680 Euro ab dem 37. Monat der Pflege. 2021 zahlte ein Pflegebedürftiger monatlich 2.234 Euro und 2020 2.097 Euro für die stationäre Pflege – und zwar unabhängig von der bisherigen Pflegedauer.
… wird der Eigenbetrag hoch bleiben
„Schon jetzt ist absehbar, dass die Kosten für die Pflege im Heim weiter steigen werden. Das hat unter anderem mit gestiegenen Lohnkosten infolge der Verpflichtung der Einrichtungen zur tariflichen Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der inflationsbedingten Tarifsteigerungen zu tun“, erläutert Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege beim WIdO.Sie betont weiter: „Wenn man von einer im Vergleich zu den Vorjahren eher moderaten Steigerung der Eigenanteile um zehn Prozent ausgeht, werden die Eigenanteile bereits 2025 trotz der beschlossenen Erhöhungen der Zuschläge und der Dynamisierung der Leistungssätze wieder über dem Niveau von 2023 liegen.“
Frühzeitige Vorsorge bleibt weiterhin notwendig
Die WIdO-Datenauswertung belegt, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten für eine stationäre Pflege übernimmt. Doch auch bei einer ambulanten Pflege muss ein Pflegebedürftiger mit einer finanziellen Belastung rechnen, da auch hier die Leistungen der SPV nicht ausreichen.Mit einer privaten Pflegezusatz-Versicherung, die je nach Vertragsgestaltung auch staatlich gefördert wird, kann man entsprechend vorsorgen, um nicht zum Sozialhilfefall zu werden und/oder zur finanziellen Belastung der unterhaltspflichtigen Angehörigen. Reicht das eigene Einkommen und Vermögen zusammen mit den SPV-Leistungen nicht aus, um die Pflegekosten zu decken, sind der Ehepartner und unter Umständen die eigenen Kinder verpflichtet, einen Teil der Restkosten zu tragen.
Nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz ist zwar ein Kind oder ein Elternteil seit 2020 normalerweise nicht zur Übernahme der Pflegekosten verpflichtet, wenn dessen Bruttojahreseinkommen maximal 100.000 Euro beträgt. Diese Regelung gilt jedoch nicht für den Ehepartner des Pflegebedürftigen.