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Neue Freigrenzen bei einer Gehaltspfändung

Nach aktuellen Statistiken ist rund jeder zwölfte erwachsene Einwohner überschuldet. Nicht wenige sind bereits von einer Gehaltspfändung betroffen oder diese droht. Zum 1. Juli 2024 haben sich die Pfändungsfreigrenzen erhöht, bis zu der ein Arbeitseinkommen maximal gepfändet werden kann. Zudem ist nicht alles, was auf dem Lohnzettel steht, pfändbar. Dies gilt beispielsweise für bestimmte Formen der Altersvorsorge.

Laut dem Deutschlandatlas, eine Veröffentlichung von diversen Behörden und Ministerien wie dem Statistischen Bundesamt (Destatis), waren im Jahr 2022 rund 5,9 Millionen Erwachsene hierzulande überschuldet, das ist mehr als jeder zwölfte Einwohner ab 18 Jahren. Es gibt zahlreiche Gründe, die zu einer Überschuldung führen können: ein Jobverlust, der Verlust der Arbeitskraft durch Krankheit oder Unfall, eine gescheiterte Selbstständigkeit oder eine unwirtschaftliche Haushaltsführung.

Wer überschuldet ist, dem droht mitunter eine Einkommenspfändung. Doch auch in diesem Fall sichert ein gesetzlicher Pfändungsschutz, wie beispielsweise sogenannte Pfändungsfreigrenzen, das Existenzminimum eines Schuldners.

Damit soll es einem Betroffenen mit finanziellen Problemen ermöglicht werden, sich selbst zu versorgen und nicht auf soziale Sicherungssysteme angewiesen zu sein sowie mögliche gesetzliche Unterhaltspflichten beispielsweise gegenüber seinen Kindern weiterhin erfüllen zu können.

Die Pfändungsfreigrenzen …

Die Pfändungsfreigrenzen sind in § 850c ZPO (Zivilprozessordnung) gesetzlich festgelegt. Sie bestehen unter anderem aus einem sogenannten pfändungsfreien Grundbetrag (§ 850c Absatz 1 ZPO), der nicht gepfändet werden kann.

Dieser pfändungsfreie Grundbetrag erhöht sich um einen ebenfalls festgelegten Betrag (§ 850c Absatz 2 ZPO), wenn der Schuldner gesetzlich verpflichtet ist, noch für andere Personen wie eigene Kinder Unterhalt zu zahlen.

Ist das Arbeitseinkommen höher als der sogenannte pfändungsfreie Grundbetrag (plus Zuschlag je unterhaltspflichtiger Person), wird jedoch nicht der komplette Mehrverdienst gepfändet, sondern nur ein Teil davon. Die genaue Regelung enthält der § 850c Absatz 3 ZPO. Übersteigt jedoch der Mehrverdienst eine bestimmte nach § 850c Absatz 3 ZPO gesetzlich festgelegte Höhe, ist dieser übersteigende Anteil wieder komplett pfändbar.

… steigen ab 1. Juli

„Die Pfändungsfreigrenzen werden jedes Jahr angepasst. Maßstab dafür ist die Änderung des einkommensteuerrechtlichen Grundfreibetrages des Einkommensteuergesetzes (§ 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 EStG). Die Anpassung der Pfändungsfreigrenzen erfolgt immer zum 1. Juli“, wie das Bundesministerium der Justiz (BMJ) betont. Die neuen Pfändungsfreigrenzen, die ab 1. Juli 2024 gelten, wurden im Bundesgesetzblatt vor Kurzem veröffentlicht.

Konkret beträgt der monatliche pfändungsfreie Grundbetrag ab dem 1. Juli 2024 bis 30. Juni 2025 nun 1.491,75 Euro, statt wie bisher 1.402,28 Euro. Für die erste unterhaltspflichtige Person erhöht sich der Pfändungsfreibetrag auf 561,43 Euro (bisher 527,76 Euro) im Monat. Für jede weitere unterhaltspflichtige Person steigt der pfändungsfreie Betrag jeweils um 312,78 Euro (bisher 294,02 Euro) monatlich.

Ein Mehrbetrag, also die Differenz zwischen dem Arbeitseinkommen und dem Grundfreibetrag (plus Zuschlag je unterhaltspflichtiger Person, von über 4.573,10 Euro (bisher 4 298,81 Euro) im Monat ist voll pfändbar. Wie hoch konkret der jeweilige pfändbare Betrag je Höhe des Nettoeinkommens ab 1. Juli 2024 ist, zeigt die im Bundesgesetzesblatt veröffentlichte Berichtigung der Pfändungsfreigrenzen-Bekanntmachung 2024.

Im Detail gibt es beispielsweise bei einem Nettoeinkommen bis 1.499,99 Euro keinen pfändbaren Betrag. Denn gemäß § 850c Absatz 3 und 5 ZPO wird ein Arbeitseinkommen nicht nur bis zum pfändungsfreien Grundbetrag, sondern aufgrund der Rundungsvorschrift in § 850c Absatz 5 ZPO aktuell bis zu einem Betrag von 1.499,99 Euro nicht gepfändet. Ist der Schuldner zudem für eine Person unterhaltspflichtig, bleibt ein Nettoeinkommen bis 2.059,99 Euro pfändungsfrei.

Welche Einkommensteile pfändbar oder pfändungsfrei sind

Zum pfändbaren Einkommen zählen unter anderem Arbeits- und Dienstlöhne, Renten, Dienst- und Versorgungsbezüge von Beamten und Schichtzuschlägen.

Nicht pfändbar sind in der Regel Wohngeld, Bürgergeld, Kinder-, Erziehungs- und Mutterschaftsgeld sowie Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszulagen in üblicher Höhe. Auch Gefahren-, Erschwernis- oder Schmutzzulagen, Aufwandsentschädigungen, Auslösegelder, Heirats- oder Geburtsbeihilfen sowie Zulagen für auswärtige Beschäftigungen sind nicht pfändbar.

Pfändungsfrei sind zudem bis zu 50 Prozent der Überstunden sowie Weihnachtsgeld bis maximal 750 Euro und Urlaubsgeld, soweit letzteres den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt. Üblicherweise kann zudem eine private Unfallrente bis auf wenige Ausnahmen nicht gepfändet werden, eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung jedoch schon.

Nicht jedes Vermögen ist pfändbar

Nicht pfändbar sind auch das angesparte Kapital eines Riester- oder Rürup-Rentenvertrages, betriebliche Leistungen für die Altersvorsorge und Beiträge für vermögenswirksame Leistungen (VL-Sparen), wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Gemäß § 851c ZPO sind unter bestimmten Voraussetzungen auch bereits bestehende Altersvorsorgeverträge wie Kapitallebens- oder Rentenversicherungen vor einer kompletten Pfändung geschützt.

Achtung: Bei Unterhaltspfändungen gelten zum Teil andere Regelungen. So ist hier gemäß § 850 d ZPO zum Beispiel auch das Urlaubsgeld pfändbar. Zudem gilt nicht die Pfändungstabelle, sondern ein vom Gericht festgelegtes Minimum.

Hilfe bei finanziellen Problemen

Grundsätzlich ist es wichtig, dass man sich frühzeitig, also noch bevor es zu Situationen kommt, die zu einer Überschuldung führen können, entsprechend absichert, damit im Falle des Falles ein finanzieller Schutz besteht.

Wer bereits Probleme hat, die anfallenden Lebenshaltungskosten und finanziellen Verpflichtungen zu begleichen, kann sich auf der Webseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. informieren. Neben diversen mehrsprachigen Hintergrundinformationen finden Interessierte hier einen Onlineberatungsdienst zu seriösen landesweiten Schuldnerberatungsstellen, die in der Regel eine kostenlose Beratung anbieten.

Ein Verzeichnis von Schuldnerberatungsstellen stellt zudem das Statistische Bundesamt (Destatis) unter Schuldnerberatungsatlas.destatis.de zur Verfügung. Entsprechende Anlaufstellen können auch über das Sozialamt erfragt werden. Kurze Informationen zur Schuldnerberatung gibt es online beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).