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Rausschmiss nach geschwänzter Prüfung
Ein offenkundig gesunder Auszubildender, der sich krankschreiben lässt, um eine Prüfung zu schwänzen, darf fristlos entlassen werden. Das hat das Arbeitsgericht Siegburg mit einem jüngst veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 5 Ca 1849/21).
Ein 24-Jähriger war bei einem Fitnessstudiobetreiber in der Ausbildung zum Sport- und Gesundheitstrainer. Nachdem er bei einer schulischen Prüfung durchgefallen war, sollte er sich einer Nachprüfung stellen.
Zu dem entsprechenden Termin erschien der junge Mann jedoch nicht in der Berufsschule, sondern im Fitnessstudio seines Arbeitgebers. Ihm legte er eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung seines Arztes vor. Anschließend absolvierte der Ausbildende ein intensives Krafttraining. An der Prüfung nahm er mit Hinweis auf die Krankschreibung nicht teil.
Krankschreibung, um Prüfung zu entkommen
Der Arbeitgeber nahm den Vorfall zum Anlass, seinen Auszubildenden fristlos zu entlassen. Mit der vom Auszubildenden daraufhin beim Siegburger Arbeitsgericht eingereichten Kündigungsschutzklage hatte dieser keinen Erfolg.Nach Ansicht des Gerichts war die fristlose Entlassung durch den Chef gerechtfertigt. Denn die Behauptung des Prüflings, dass er erst krank gewesen und dann spontan genesen sei, hielt das Gericht für unglaubwürdig. Es ging vielmehr davon aus, dass sich der junge Mann nur deswegen hatte krankschreiben lassen, um nicht an der Prüfung teilnehmen zu müssen. Dieses Verhalten stellt nach Meinung der Richter eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Daher war dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, den Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
„Denn kein Auszubildender darf davon ausgehen, dass dessen Ausbilder es hinnimmt, falsche Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen vorgelegt zu bekommen, um sich den anstehenden Prüfungen, insbesondere wenn es sich um Nachholprüfungen handelt, zu entziehen“, so das Gericht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Wenn die Kündigung nicht gerechtfertigt ist
Insbesondere für Auszubildende gilt ein hoher gesetzlicher Kündigungsschutz, das heißt, es muss ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegen, der gemäß Paragraf 22 Berufsbildungsgesetz eine Kündigung ohne Einhalten einer Kündigungsfrist erlaubt. Solche Gründe sind laut Rechtsprechung ein wiederholt unentschuldigtes Fehlen am Arbeitsplatz oder in der Berufsschule, aber auch eine ungenehmigte, eigenmächtige Urlaubsverlängerung. Unabhängig von der Betriebsgröße kann jedoch einem Auszubildenden wegen einer tatsächlichen Krankheit in der Regel nicht gekündigt werden.Im Gegensatz dazu ist beispielsweise unter bestimmten Umständen eine ordentliche Kündigung eines normalen Arbeitnehmers krankheitsbedingt möglich, beispielsweise wenn er mehrmals hintereinander erkrankt oder für längere Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist. Dies gilt aber nur, wenn feststeht, dass die Arbeitsfähigkeit in nächster Zeit nicht wiederhergestellt werden kann und wegen der noch zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten eine erhebliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen oder betrieblichen Interessen des Arbeitgebers droht.
Generell ist also bei Weitem nicht jede Jobkündigung durch den Arbeitgeber gerechtfertigt. Deshalb kann der Weg vor das Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer durchaus sinnvoll sein. Doch bei Arbeitsrechtsverfahren muss jede Streitpartei – auch diejenige, die den Rechtsstreit gewinnt – die eigenen Prozesskosten und die eigenen Anwaltskosten selbst bezahlen. Arbeitnehmer, die eine Privatrechtsschutz-Versicherung haben, bei der ein Berufsrechtsschutz enthalten ist, entgehen jedoch diesem Kostenrisiko, wenn der Rechtsschutz-Versicherer vorher eine Leistungszusage gegeben hat.