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So hat sich Corona auf die Lebenserwartung ausgewirkt
Die Pandemie hat zu Zigtausenden zusätzlichen Sterbefällen geführt. Insgesamt ist damit die statistische Lebenserwartung zum ersten Mal seit Langem gesunken. Da die neuen Länder besonders stark betroffen waren, hat sich die Lebenserwartung dort nach aktuellen Destatis-Zahlen besonders stark reduziert.
2021 ist die statistische Lebenserwartung nach vielen Jahren der Steigerung erstmals wieder gesunken – und zwar im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 für neugeborene Jungen von 78,8 auf 78,2 und für neugeborene Mädchen von 83,6 auf 83,2 Jahre. Dies zeigt die jüngst vom Statistischen Bundesamt (Destatis) vorgelegte Periodensterbetafel 2019/2021 entsprechend den einzelnen Jahren.
Die aktuelle Periodensterbetafel der amtlichen Statistik basiert nach Angaben von Destatis auf den Daten über die Gestorbenen und die Durchschnitts-Bevölkerung der letzten drei Jahre. „Zur Analyse der Corona-Effekte in den Jahren 2020 und 2021 wurden Sonderberechnungen für einzelne Jahre durchgeführt“, so Destatis.
Auswirkungen der Pandemie
Als Hauptgrund für das Minus im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 von 0,4 Jahren bei den Mädchen beziehungsweise 0,6 Jahren bei den Jungen werden die außergewöhnlich hohen Sterbefallzahlen während der Coronawellen angeführt.Bei der Periodensterbetafel handelt sich hierbei um eine Momentaufnahme der Sterblichkeits-Verhältnisse der gesamten Bevölkerung für diesen Zeitraum. Das Ergebnis zeigt, wie viele Lebensjahre eine Person vor sich hätte, wenn sie ein Leben lang den Sterblichkeits-Verhältnissen des Betrachtungszeitraums ausgesetzt wäre. Aus Periodensterbetafeln können laut Destatis keine Annahmen darüber abgeleitet werden, wie sich die Sterblichkeits-Verhältnisse in Zukunft verändern werden.
Destatis weist explizit darauf hin, dass die Sterbetafeln stets Durchschnittswerte beinhalten. Die individuellen Überlebensperspektiven könnten je nach Lebensverhältnissen, Lebensführung, Beruf, gesundheitlicher Verfassung und weiteren Faktoren „ganz erheblich“ von den Durchschnittswerten abweichen.
Regionale Unterschiede bei der Lebenserwartung
Noch deutlicher als in Gesamtdeutschland reduzierte sich die Lebenserwartung in den neuen Bundesländern im gleichen Betrachtungszeitraum 2019 bis 2021. Sie sank dort um 1,3 Jahre auf 76,4 Jahre bei den männlichen Neugeborenen und beziehungsweise um 0,9 Jahre auf 82,7 bei den weiblichen Neugeborenen. Zum Vergleich: In den alten Bundesländern reduzierte sich die Lebenserwartung von 2019 auf 2021 um 0,4 Jahren auf 78,6 Jahren bei den neugeborenen Jungen und um 0,3 Jahre auf 83,3 Jahre bei den neugeborenen Mädchen.„Die ostdeutschen Bundesländer waren ab der zweiten Welle besonders stark von der Pandemie betroffen“, so die Statistiker zur Ursache der Entwicklung. Destatis teilte weiter mit, dass bis zur Sterbetafel 2006/2008 die Lebenserwartung bei Geburt über Jahrzehnte hinweg im jährlichen Durchschnitt sehr kontinuierlich angewachsen sei – und zwar um etwa 0,3 Jahre bei den Männern und um etwa 0,2 Jahre bei den Frauen.
Danach sei die Lebenserwartung bei den Herren wie auch den Damen pro Jahr um durchschnittlich etwa 0,1 Jahre gestiegen, bevor es im Zuge der Pandemie zu einer Stagnation beziehungsweise nun sogar zu einem leichten Rückgang gekommen sei.
Entwicklung in den alten und neuen Bundesländern
Zur Entwicklung in Ost und West hält das Amt fest: „Betrachtet man die Entwicklung der Lebenserwartung bei Geburt zwischen 1991/1993 und 2019/2021 in Ost- und in Westdeutschland als jeweilige Einheit, so wird eine rasche Angleichung der Lebenserwartung in beiden Landesteilen deutlich.“ Die in der Sterbetafel 1991/1993 bestehende Differenz von 3,2 Jahren bei Männern und von 2,3 Jahren bei Frauen zugunsten Westdeutschlands habe sich innerhalb von sieben Jahren bis zur Sterbetafel 1998/2000 auf 1,6 Jahre bei den Herren und 0,6 Jahre bei den Damen reduziert.„Bis Ende der 2000er-Jahre ist die Differenz in der Lebenserwartung für Männer weiter zurückgegangen. Danach hat sie sich zunächst auf einem Niveau von 1,3 bis 1,5 Jahren stabilisiert. Bei den Frauen war seit der Sterbetafel 2012/2014 kaum noch eine Differenz zwischen Ost und West feststellbar. Es wird angenommen, dass Verbesserungen in der medizinischen Versorgung und der allgemeinen Lebensbedingungen im Osten zu dieser raschen Anpassung beigetragen haben.
Im Zuge der Corona-Pandemie, von der die ostdeutschen Bundesländer bislang stärker betroffen waren, ist die Differenz in der Lebenserwartung zwischen Ost und West wieder angewachsen. Bezogen auf den Dreijahreszeitraum 2019/2021 betrug die Differenz in der Lebenserwartung bei Geburt zugunsten Westdeutschlands 1,8 Jahre bei Männern und 0,2 Jahre bei Frauen“, so die Statistiker weiter.
Zigtausende zusätzliche Tote in den ersten beiden Pandemiejahren
Destatis verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass man aufgrund des zunehmenden Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung seit etwa zwei Jahrzehnten mit einer jährlich steigenden Zahl der Sterbefälle in Deutschland rechne. Gleichzeitig sei die Lebenserwartung vor Beginn der Corona-Pandemie jedoch tendenziell gestiegen.„Der Effekt der steigenden Lebenserwartung schwächte damit den Alterungseffekt ab. Bei gleichzeitigem Wirken beider Effekte stiegen die Sterbefallzahlen vor Beginn der Pandemie jährlich um durchschnittlich ein bis zwei Prozent. Bereits 2020 war der Anstieg im Vergleich zum letzten Vorpandemiejahr 2019 stärker ausgeprägt (plus fünf Prozent auf 986.000 Sterbefälle).“ Nach den jetzt vorliegenden endgültigen Daten seien die Sterbefallzahlen 2021 um weitere vier Prozent oder etwa 38.000 Sterbefälle auf insgesamt 1,02 Millionen gestiegen.
Ausgehend von 2019 sei für 2021 eine Sterbefallzahl von 960.000 bis 980.000 erwartbar gewesen, also ein Anstieg um zwei bis vier Prozent. Tatsächlich ist die Zahl der Verstorbenen von 2019 auf 2021 um neun Prozent gestiegen. Bezogen auf die beiden Jahre 2020 und 2021 habe es demnach etwa 70.000 bis 100.000 zusätzliche Sterbefälle gegeben. In diesen beiden Jahren seien beim Robert Koch-Institut fast 115.000 Covid-19-Todesfälle gemeldet worden.
Die Auswirkungen auf die gesetzliche Rente
Aufgrund der höheren Zahl der Sterbefälle, der niedrigen Geburtenrate und der geburtenstarken Jahrgänge, die im Laufe der nächsten 15 bis 20 Jahre in Rente gehen, wird erwartet, dass immer weniger Erwerbstätige für immer mehr Rentner aufkommen. Wenn es keine Änderungen bei der gesetzlichen Rente in der bisherigen Form gibt, wird auch aus diesem Grund das Nettorentenniveau der gesetzlichen Altersrente laut Experten noch weiter sinken.Derzeit liegt das Nettorentenniveau, also die gesetzliche Nettoaltersrente vor Steuern im Verhältnis zum bisherigen Nettogehalt eines sogenannten Standardrentners, der 45 Jahre lang einen Verdienst in Höhe des Durchschnittseinkommens aller gesetzlich Rentenversicherten hatte, bei rund 48 Prozent. Bis 2030 kann das Nettorentenniveau laut der aktuellen gesetzlich vorgesehenen Grenze sogar auf 43 Prozent absinken, bevor der Gesetzgeber gegensteuern muss. Für die Zeit nach 2030 gibt es derzeit noch keine derartige gesetzliche Grenzwertregelung.
Für den Einzelnen ist es daher wichtig zusätzlich zur gesetzlichen Rente für das Alter vorzusorgen. In welcher Höhe eine Vorsorge im individuellen Fall notwendig ist und welche individuell passenden Lösungen, die zum Teil auch mit Geldzulagen und Steuervergünstigungen staatlich gefördert werden, es diesbezüglich gibt, erfährt man durch eine Beratung beim Versicherungsfachmann.