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Wenn ein Jugendlicher mit dem Rad einen Unfall mitverursacht

Wer von einem Radweg auf die Fahrbahn einfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für denjenigen, der von einem Radweg kommend auf einem Fußgängerüberweg die Straßenseite wechseln will, selbst wenn es sich um ein 12-jähriges Kind handelt. Das hat das Oberlandesgericht Celle in einem Urteil entschieden (14 U 157/22).

Ein Zwölfjähriger war mit seinem Fahrrad auf einem parallel zu einer Straße verlaufenden Radweg unterwegs. Um auf die andere Straßenseite zu gelangen, wollte er einen Fußgängerüberweg nutzen.

Dazu stieg der Junge jedoch nicht von seinem Zweirad ab. Er zeigte seine Absicht auch nicht an, sondern fuhr unvermittelt auf den Zebrastreifen. Dabei wurde er von einem von hinten kommenden Pkw erfasst und schwer verletzt.

Autofahrerin überwiegend für den Unfall verantwortlich?

Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht Hannover hielt trotz der Unachtsamkeit des Kindes die Autofahrerin überwiegend für den Unfall verantwortlich. Denn nach den Feststellungen eines Sachverständigen hätte sie den Zusammenstoß verhindern können, wenn sie anstatt mit den am Unfallort erlaubten 50 nur 30 Stundenkilometer gefahren wäre.

Zu Letzterem sei die Frau verpflichtet gewesen. Denn sie habe das auf dem Radweg fahrende Kind rechtzeitig wahrnehmen können und nicht darauf vertrauen dürfen, dass es nicht die Straße überqueren wollte.

Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung

Dieser Argumentation schloss sich das in Berufung mit dem Fall befasste Celler Oberlandesgericht nicht an. Es hielt die Schmerzensgeld- und Schadenersatzforderung des Jungen nur zu einem geringen Teil für gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht war folgender Ansicht: Wenn sich ein Fahrzeugführer an einen Fußgängerüberweg annähert, muss er ohne erkennbare Umstände nicht damit rechnen, dass ein Fahrradfahrer, ohne seine Absicht merklich anzuzeigen, den Fußgängerüberweg überquert. Das gilt nach Ansicht der Richter auch, wenn es sich dabei um ein zwölfjähriges Kind handelt.

Denn wer von einem Radweg auf die Fahrbahn einfahren will, habe sich dabei gemäß § 10 Satz 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) grundsätzlich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Haftungsquote von einem Drittel zulasten der Autofahrerin

Das gelte auch, wenn die Fahrbahn auf einem Fußgängerüberweg überquert wird. Nur in Fällen, in denen Kinder Auffälligkeiten zeigen würden, die zu einer konkreten Gefährdung führen könnten, müsse sich ein Fahrzeugführer besonders vorsichtig verhalten.

Angesichts der Gesamtumstände sowie unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr des Pkw der Beklagten hielten die Richter eine Haftungsquote von einem Drittel zulasten der Autofahrerin für gerechtfertigt. Das Gericht sah keine Veranlassung, ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung zuzulassen.

Privater Kostenschutz bei dramatischen Unfallfolgen

Wie das Gerichtsurteil zeigt, kann man sich nicht immer darauf verlassen, dass bei einem Verkehrsunfall ein anderer für den dabei erlittenen Schaden aufkommt – selbst wenn der Verunfallte ein Jugendlicher ist.

Auch die gesetzliche Absicherung reicht häufig nicht aus, um beispielsweise die finanziellen Folgen, die eine unfallbedingte Invalidität mit sich bringt, vollständig abzudecken.

Die private Versicherungswirtschaft bietet diesbezüglich zahlreiche Lösungen an, um auch bei dramatischen Unfallfolgen, wie einer unfallbedingten Invalidität, zumindest finanziell abgesichert zu sein. Zu nennen sind hier unter anderem eine private Unfall- oder auch eine Grundfähigkeitsversicherung, die bereits für Kinder sinnvoll sind.